Wahrnehmung, Intervention und Hilfe sowie Prävention und Aufarbeitung bei Kinderschutzfällen und insbesondere Vorfällen sexualisierter Gewalt in den Zuständigkeitsbereichen des Jugendamtes erfordern spezifische fachliche Kompetenzen, Qualifikationen und Strukturen. Es bedarf einer interdisziplinären und auch erziehungswissenschaftlich-sozialpädagogischen Perspektive, um die besonderen Herausforderungen dieser Thematik systematisch in den Blick zu nehmen. Das Projekt „Fokus Jugendamt - Partizipativer Wissenstransfer zu Kooperation, Hilfeplanung und Schutzkonzepten in der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe (FokusJA)“ beteiligt sich als Projektverbund an drei Standorten mit verschiedenen Forschungsschwerpunkten am Diskurs um die Weiterentwicklung der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe im Kontext sexualisierter Gewalt.
Der Verbund greift thematisch einschlägige wissenschaftliche Erkenntnisse und Desiderate auf und entwickelt diese mit Blick auf das Jugendamt weiter. Für ein Verständnis der spezifischen Dynamik von Kinderschutzfällen und Vorfällen sexualisierter Gewalt bedarf es im Dialog von Forschung und Praxis einer Auseinandersetzung mit den jeweiligen Wissensbeständen und Perspektiven, gemeinsamer Reflexion sowie Aufarbeitungsprozessen. Empirische Befunde und praktische Expertise und Erfahrungen sind konsequent aufeinander zu beziehen und zu diskutieren. Das Forschungsprogramm des Verbundes soll Erkenntnisgewinne zur Kooperation des Jugendamtes mit anderen Akteur:innen und zur Hilfeplanung bei sexualisierter Gewalt generieren sowie Qualitätsstandards für Schutzkonzepte im Jugendamt fundieren und somit bestehende Forschungslücken schließen und Praxisbedarfen entsprechen. FokusJA arbeitet transferorientiert mit verschiedenen Kooperationspartner:innen an Qualitätsentwicklung und -bedarfen in Kontexten sexualisierter Gewalt im Jugendamt. Auf diese Weise wird das Ziel verfolgt, die Handlungskompetenz und Steuerungsverantwortung des Jugendamtes gegenüber den Herausforderungen des fachlichen Umgangs mit Fällen sexualisierter Gewalt zu fundieren.
Das Teilprojekt Münster hat 13 anonymisierte Fallakten aus drei Jugendämtern in NRW untersucht, um den Umgang mit Fällen sexualisierter Gewalt zu analysieren und Kernprozesse wie Gefährdungseinschätzung und Hilfeplanung zu verstehen.
Im Teilprojekt der Hochschule Hannover wurden Gruppendiskussionen mit Fachkräften der Allgemeinen Sozialen Dienste durchgeführt. Ziel war es, das professionelle Wissen sowie kollektive Orientierungen zu der Bearbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt zu rekonstruieren.
Durch eine bundesweite Befragung wurden erstmalig Daten dazu erhoben, die zeigen, dass einheitliche Verständnisse von Schutzkonzepten fehlen und Herausforderungen bei der Implementierung bestehen.